Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung „Die distanzierte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2022/23“ herausgegeben von A. Zick, B. Küpper und N. Mokros.
Die Mittestudie der Friedrich-Ebert-Stiftung analysiert alle zwei Jahre die ganzgesellschaftliche politische Einstellung in Deutschland. Kernergebnisse sind dabei, dass 8,3% der Befragten als rechtsextrem eingestuft werden. Dies stellt eine Verdreifachung von vor zwei Jahren (1,7%) dar. Einen weiteren deutlichen Anstieg verzeichnen die Befürworter (6,6%) einer rechtsgerichteten Diktatur mit starkem Führer und einer einzigen starken Partei. Die rechtsextreme Gesinnung bei Jugendlichen ist ebenfalls angestiegen. Beispielsweise teilen 12% der jungen Erwachsenen (18-34-Jährigen) ein rechtsextremes Weltbild. Auch der Graubereich, also die „teils, teils“-Antworten, hat sich auf 23% erhöht.
Zudem hat sich die Studie die Verbindung von Krisen und Extremismus angeschaut. Signifikant ist dabei die Auswirkung von „Polykrisen“, wodurch der Effekt einer Krise durch eine weitere potenziert wird. In dieser Zeit haben die Menschen ein verstärktes Gefühl von Konkurrenz. Ihre Sorge steigt vor einem Verlust ihrer Position oder Wegnahme von Eigentum, was sich durch Fremdenfeindlichkeit äußert.
Außerdem gibt es eine neue Mischung von politischen Milieus. Allianzen werden nicht nur zwischen den einzelnen Themenfeldern der Empörten (gegen Islamisierung, Geflüchtete, Windkraft auf dem Land oder Corona-Maßnahmen), sondern auch zwischen den Bildungsbürgern, Konservativen und Akademikern geschlossen.
In diesen Zusammenschlüssen neigen Menschen dazu ihre individuell verstandene Freiheit aggressiv zu verteidigen, wodurch Rechtsextreme ihre Chance sehen sich unterzumischen. Zick spricht von einer Eskalationsdynamik, ausgelöst durch Krisen, wodurch es Rechtsextremen möglich wird die Mitte zu erreichen. Weltweit etablierte Demokratien werden nicht durch einen Putsch gestürzt, sondern schleichend ausgehöhlt.
Bei dieser Studie geht es allerdings nicht nur um Extremismus, sondern auch um die Suche nach „versteckten Faktoren“ für Einstellungsmuster, die sich rechtsextremen Mustern anschließen. Neben den Faktoren Extremismus wird auch Populismus, das grundsätzliche Vertrauen in die Demokratie, Krisenbetroffenheit und der Zusammenhang von Einsamkeit und die Neigung zu rechtsextremen Einstellung betrachtet.
In der Mittestudie wird die zentrale Dimension von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit angesprochen. Dabei wird das Modell visualisiert, wie die Ideologie der Ungleichwertigkeit sich auf Rassismus, Klassismus, Hetero-Sexismus und Antisemitismus auswirkt. Im Vergleich zur vergangenen Studie (2020/21) fällt die Befragung über Ablehnung oder Zustimmung von gruppenbezogenen Aussagen über Menschenfeindlichkeit geringer aus. Die Datenlage beruht bei der Ausgabe 2022/23 nur auf die einzige Frage, ob Menschen der Aussage „Sinti und Roma neigen zu Kriminalität“ zustimmen oder sie ablehnen. Diese wenig erschöpfende Umfrage finde ich äußerst schwach und bitte die Herausgeber der Mittestudie in zwei Jahren, um eine ausdifferenzierte Befragung den Antiziganismus betreffend.
Nur eine deutliche Datenlage, kann Fakten wahrhaftig wiederspiegeln und langfristig ein Verständnis und Bewusstsein für ausgegrenzte Sinti und Roma bewirken.