Trotz wichtiger Erfolge bleibt Antiziganismus Alltag in Deutschland und Europa

50 Jahre Europäische Bürgerbewegung der Sinti und Roma

Morgen, am 08. April ist Internationaler Roma Tag und das 50-jähriges Jubiläum des ersten Internationalen Romakongresses. Dieses Datum markiert den Startpunkt für die politische Selbstorganisation der Menschen mit Romani-Hintergrund in Europa , um für ihre Rechte als gleichberechtige Bürger zu streiten, ihre Minderheit aus der Armut zu führen und den grassierenden Antiziganismus in Europa zu bekämpfen.

Romeo Franz, deutscher Sinto und Abgeordneter der Grünen/EFA Fraktion im Europäischen Parlament zieht eine gemischte Bilanz der letzten Dekaden:

„Der erste Internationale Roma-Kongress vor 50 Jahren war ein Meilenstein in unserem Kampf gegen Antiziganismus und Ausgrenzung, sowie für Anerkennung und gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Romani-Hintergrund. Es war der Startpunkt auf dem Weg für die Selbstorganisation der ethnischen Minderheit und der Forderung nach Ihrem Recht auf Selbstbestimmung in ganz Europa. Seitdem treten Aktivist*innen und Selbstorganisationen auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene hervor, die unseren Menschen endlich eine Stimme gegeben haben.

Sie haben mit ihrer unermüdlichen Arbeit wichtige Erfolge erstritten. Die offizielle Anerkennung des Holocaust an bis zu 500.000 Sinti und Roma durch den damaligen deutschen Bundeskanzler Schmidt 1982 war ein wichtiger Schritt für unsere Überlebenden und Nachkommen, um Frieden zu finden und ihre Würde wiederzugewinnen. Der Aufbau von Selbstorganisationen der Minderheit und der Aufbau europäischer Netzwerke gaben uns eine stärkere Stimme gegenüber Regierungen und internationalen Organisationen. Schließlich erkannten der Europarat und die Europäische Union Antiziganismus als eine besondere Form von Rassismus in Europa an, die zu massiven Menschenrechtsverletzungen führt und dringend politische Maßnahmen erfordert.

Seit 1971 hat sich eine ganz neue Generation von Romani Aktivist*innen entwickelt, die Jugendorganisationen, Studentenverbänden, Frauenrechts- und LGBTQI* -Organisationen hervorgebracht haben. Sie sind wichtig, um die Vielfalt unserer Minderheit nach innen und außen zu repräsentieren und unseren gemeinsamen Forderungen nach einem Ende von Paternalismus gegenüber unseren Menschen und für Partizipation, Inklusion und Schutz vor Diskriminierung mehr Gewicht zu verleihen.

Aber unser Kampf ist weit davon entfernt zu enden. Weit Mehr als die Hälfte der 12 Millionen europäischen Menschen mit Romani-Hintergrund lebt immer noch in extremer Armut. Antiziganistische Diskriminierung gehört immer noch zum Alltag für Angehörige der Minderheit und verschärft die soziale und ökonomische Benachteiligung. Maßnahmen gegen Antiziganismus und für die Inklusion von Menschen mit Romani-Hintergrund müssen von der EU rechtlich verpflichtend für alle nationalen Regierung gemacht werden, denn das Ignorieren von strukturellen Menschenrechtsverletzungen darf in Europa keine Wahlmöglichkeit sein.“

Hintergrund

Am 8. April wird weltweit der Internationale Tag der Roma gefeiert, denn genau an diesem Tag vor 50 Jahren tagte 1971 in London der Erste Welt-Roma-Kongress, aus dem die erste International Romani Union hervorgegangen ist. 26 Jahre nach der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus war es für die Menschen mit Romani-Hintergrund  in West- sowie Osteuropa an der Zeit für die Anerkennung des Völkermords an ihren Menschen und für ihre Grundrechte als gleichberechtigte Bürger*innen zu kämpfen. Sie gaben sich eine eigene symbolische Fahne, eine Hymne und eine Selbstbezeichnung, mit der sie zum ersten Mal deutlich gegen das rassistische Z-Wort Stellung bezogen. Der Kongress in London beförderte und stärkte die Roma-Bewegung weltweit und führte zur Gründung weiterer Roma-Organisationen mit politischem Selbstvertretungsanspruch inner- und außerhalb Europas.

Die zentralen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des ersten International Roma-Kongresses werden auf der Website Romanistan aufgelistet.

Im Rahmen der hochrangigen Europäischen Konferenz zum 50. Jubiläum werden Vertreter der Europäischen Kommission, der Europäischen Rates und des Europäischen Parlamentes mit Zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen der Sinti und Roma aus ganz Europa zusammenkommen.

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Pressekontakt für Rückfragen:

Jochen Eisenburger, Bundestagsbüro von MdEP Romeo Franz

M: (+49) 176 26135101

jochen.eisenburger@la.europarl.europa.eu

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