Stanislaw Tomáš, tschechischer Bürger und Angehöriger der ethnischen Minderheit der Roma, starb am 19. Juni in Treplice kurz nach einer Polizeiintervention, bei welcher ein Polizist sechs Minuten lang mit dem Knie auf dessen Genick gedrückt hat. Privates Videomaterial hält die Szene fest und hat europaweit Proteste gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt gegenüber Menschen mit Romani-Hintergrund ausgelöst.
Romeo Franz, Abgeordneter der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und deutscher Sinto kommentiert die aktuelle Lage:
„Das Filmmaterial, das Stanislavs letzte Lebensmomente zeigt, ist zutiefst verstörend. Die Menge des konstanten Drucks, der auf Stanislavs Oberkörper, Hals und Nacken ausgeübt wird, erscheint überzogen und erweckt den Verdacht von unverhältnismäßiger und rassistisch motivierter Polizeigewalt. Deswegen bedarf es dringend einer unabhängigen und umfassenden Untersuchung des Hergangs!
Es ist inakzeptabel, dass hochrangige tschechische Regierungsbeamte und Politiker, an erster Stelle der Innenminister und der Premierminister, die Polizeibeamten ohne Verweis auf jedwelchen weiteren Aufklärungsbedarf. Es ist nicht die Rolle des Premierministers auf der Grundlage vorläufiger Obduktionsergebnisse abschließend zu bewerten, dass Stanislav nicht an den Folgen des polizeilichen Eingreifens gestorben sei, ohne die endgültigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens abzuwarten. Zudem beschreiben sie Stanislav in abfälliger Weise, um das Vorgehen und die Methoden der Polizei zu rechtfertigen. Damit schüren sie antiziganistische Ressentiments in der Gesellschaft!
Die Schaffung moralischer Hierarchien darüber, wer vor dem Gesetz geschützt werden sollte oder über das Niveau einer polizeilichen Reaktion, die auf moralischen Urteilen und Charakterisierungen basiert, ist sehr gefährlich, insbesondere von der höchsten Ebene der tschechischen politischen Führung.
Deshalb fordere ich die tschechische Regierung nachdrücklich dazu auf, eine unabhängige, wirksame und unvoreingenommene Untersuchung der Situation einzuleiten, damit der Tathergang und das Agieren der Polizeibeamten gründlich und ordnungsgemäß untersucht wird. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist es von entscheidender Bedeutung, dass bei der Untersuchung des Polizeieinsatzes auch rassistische Motive berücksichtigt werden.
Von den EU Institutionen und der tschechischen Regierung erwarte ich klare Positionierungen gegen Antiziganismus und Polizeigewalt gegenüber ethnischen Minderheiten. Außerdem müssen Staatsbeamte und Medien umgehend aufhören, das Opfer, seine Familie und Angehörige ohne genaue Erkenntnisse zu stigmatisieren.“